Herr Bunk, habe ich heute überhaupt noch die Chance, einen richtig guten Oldtimer zu bekommen?
Matthias Bunk: Doch, die gibt es. Aber man muss schon Geduld mitbringen und in Ruhe suchen.
Und muss ich Angst haben, übers Ohr gehauen zu werden?
MB: Ja, das ist leider so. Es gibt einfach viel zu viele schwarze Schafe. Der Markt ist in den letzten Jahren so explodiert, dass einfach zu viele Gauner auf den Zug mit aufgestiegen sind. Da werden Geschichten erzählt, da wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Das macht es für den Laien natürlich viel schwerer, sich zurechtzufinden und Vertrauen aufzubauen.
Was raten Sie denn jemandem, der sich zum ersten Mal mit dem Thema Oldtimerkauf beschäftigt?
MB: Er sollte sich auf jeden Fall professionelle Hilfe holen. Wer zu einem interessanten Auto fährt, der braucht einen Kenner an seiner Seite, der muss den Wagen auf eine Bühne stellen können, um die Substanz richtig beurteilen zu können.
Wie sieht es denn mit Gutachten aus, die mir vorgelegt werden? Helfen die weiter?
MB: Nein, das ist am Ende auch nur ein Stück Papier – leider. Es gibt auch bei Sachverständigen einen gewissen Ermessensspielraum – und der wird schon mal stark ausgeweitet. Auch der Begriff des Gefälligkeitsgutachtens kommt nicht von irgendwoher, auch so etwas gibt es. Wenn ich den Gutachter nicht kenne, dann akzeptiere ich so ein Gutachten nicht. Real ist am Ende nur das Objekt – und das sollte man dann genau unter die Lupe nehmen.
Das heißt aber auch, dass ich erst einmal jemanden kennen muss, der sich mit Oldtimern und vielleicht sogar mit diesem speziellen Modell richtig gut auskennt. Wie komme ich denn an so jemanden? Und kann mir auch der TÜV weiterhelfen?
MB: Ja, der TÜV kann weiterhelfen, wenn man an einen TÜV-Mitarbeiter gerät, der sich auch mit Oldtimern auskennt. Das ist selten der Fall, da wäre ich also auch vorsichtig. Am Ende muss man selber recherchieren, muss sich umhören, Freunde fragen, die einen Oldtimer gekauft haben, wer sie beraten hat. Es gibt solche seriösen Helfer am Markt und es sollte jedem das Geld wert sein, hier einen echten Kenner mitzunehmen, damit man nicht übers Ohr gehauen wird.
Wie hoch stehen denn die Chancen, dass ich ein echtes Schnäppchen mache, dass ich ein Auto finde, das deutlich zu günstig angeboten wird?
MB: Die Zeit der Schnäppchen ist lange vorbei. Diese Scheunenfunde oder die Möglichkeiten, wo ein Verkäufer den Wert seines Wagens falsch einschätzt, die gibt es nur noch sehr selten. Heute ist das ein hart umkämpfter Markt mit vielen Fallstricken geworden, der von Schnäppchen sehr weit entfernt ist.
Wenn schon keine Schnäppchen, wie sieht es dann mit Fahrzeugen aus, die vielleicht erst in ein paar Jahren richtig gesucht werden, die jetzt noch ein gutes Potenzial für den Wertzuwachs bieten?
MB: Bei Mercedes ist das bestimmt der 107er, 123er, auch der 124er als Cabrio. Aber hier ist auch immer wichtig, dass die Autos wenige Kilometer, ausgefallene Motoren haben und über eine sehr gute Historie und einen sehr guten Zustand verfügen. Das gleiche gilt bei Porsche für den 964 und den 993. Hier waren die Preise ja schon sehr hoch, haben sich nun wieder relativiert, ziehen aber wohl wieder an, wenn die Modelle nun 30 Jahre alt und damit zu echten Oldtimern werden.
Und andersherum, welche Modelle werden eher fallen?
MB: Bei Mercedes ist das sicherlich der 190SL, der sich schon jetzt nach unten relativiert hat. Da wurden vor ein paar Jahren noch deutlich höhere Preise aufgerufen – und auch gezahlt. Das ist heute anders, hier lassen die Preise deutlich nach. Bei Porsche ist es bei den frühen Coupés ähnlich. Targa-Modelle sind immer noch sehr gefragt, aber bei Coupés aus den 70-er und 80-er Jahren fallen aktuell die Preise.
Wie sieht es denn bei modernen,aktuellen Autos aus? Welche haben da das Zeug zum Klassiker?
MB: Wenn man sich den Porsche 997 bis zum Baujahr 2012 anschaut – das könnte ein gesuchtes Fahrzeug werden. Das ist der letzte 911, der in seiner Form an den 993 erinnert und auch noch den beliebten Saugmotor besitzt. Ob man diese Autos aber wirklich im Oldtimerbereich sehen wird, hängt stark von der Elektronik ab. Wenn hier irgendwann die Reparatur gar nicht mehr möglich oder nicht wirtschaftlich ist, dann sterben solche Modelle auch weg, ehe sie in das Oldtimeralter gekommen sind.
Bekommt eigentlich jedes Fahrzeug, das 30 Jahre alt ist, automatisch ein H-Kennzeichen?
MB: Nein, so einfach ist das nicht. Das H-Kennzeichen ist ja sehr attraktiv, weil es bei der Steuer und der Versicherung wirtschaftliche Vorteile bietet. Entscheidend ist immer, dass sich das Fahrzeug in einem guten Pflege- und Erhaltungszustand befindet, dass wirklich nur Originalzubehör verbaut wurde, das es damals schon gab. Die Chancen, ein H-Kennzeichen zu bekommen, sind nicht schlecht, aber der TÜV entscheidet am Ende, ob hier wirklich ein Auto vorgeführt wird, das Oldtimerqualitäten vorweisen kann. Da ist das Alter eben nur ein Faktor.
Wenn ich ein solches H-Kennzeichen habe, muss ich mir dann Gedanken über Fahrverbote und die Dieselproblematik machen?
MB: Nein, beides betrifft mich dann nicht. Fahrzeuge mit diesem Kennzeichen brauchen keine Plakette und dürfen in allen Zonen und Städten fahren.
Am Ende heißt das also, dass der Markt eher gesättigt ist?
MB: Ja, die Euphorie, die noch vor ein paar Jahren herrschte, ist vorbei. Die, die einen Oldtimer haben wollten, haben sich einen gekauft – und das zu sehr hohen Preisen, die sich aktuell nicht realisieren lassen. Viele haben dieses sogenannte Garagengold gekauft und gut weggestellt.
Das heißt, dass nur wenige Oldtimer auch gefahren werden?
MB: Nein, in meiner Kundschaft fahren viele … und das tut den Autos ja auch gut, wenn sie bewegt werden. Viele Oldtimerfreunde nehmen an organisierten Ausfahrten teil und erfreuen sich nicht nur an dem Wert, sondern an der puristischen Fahrweise. Es sind ja auch echte Sympathieträger. Da kommt kein Neid auf, wenn ich mit solch einem Auto vorbeifahre, da wird viel mehr gewunken, gehen die Daumen hoch, ganz gleich, wie teuer der Oldtimer ist.
Gibt es denn aktuell auch Modelle, die selbst den Fachmann überrascht haben?
MB: Ja. Dass etwa der Mercedes 190 und 124, die jetzt in das H-Kennzeichenalter kommen, interessant werden, hätte ich nicht gedacht. So richtig „schön“ sind die nicht. Aber das ist ja subjektiv (lacht). Mit besonderen Motoren, als Coupé oder Kombi, hat man da schon Modelle, für die das Interesse steigen wird. Bei Porsche sind das die Baureihen 914, 924, 944 und 968. Die waren früher schon als Neuwagen ganz schwer zu verkaufen, auch der 928 war viel zu teuer, den wollte ja niemand haben. Leider wurden diese Autos häufig stiefmütterlich behandelt, landeten auf dem Schrott oder vergammelten. Heute ist es schwer, davon richtig gute Autos zu finden – für die dann auch gutes Geld gezahlt wird.
Wie sucht man eigentlich als Händler?
MB: Hier nutzt man vor allem das persönliche Netzwerk, dann kennt man auch gleich die Historie der Fahrzeuge und erlebt keine bösen Überraschungen. Wer auf den Onlinehandel setzt, der kann am Ende viele spannende Geschichten erzählen, wird aber wohl keine guten Autos finden. Meistens schlägt man die Hände über dem Kopf zusammen, wenn man vor den Fahrzeugen steht, die einem auch am Telefon, nach langem Nachfragen, noch als echte Schnäppchen vorgestellt wurden. Wie gesagt: die Zeit der Schnäppchen ist längst vorbei.